Mangelnde Libido: Der Verlust der Lust
In Zeiten in denen Frauen gleichberechtigt sind und der Mann sich in neuem Rollengefüge zurechtfinden muss, ist es nicht leicht, immer Lust auf Sex zu haben. Wenn ihm dann noch ständig nackte Haut präsentiert wird und die finanzielle Situation schwierig wird, kann eine Flaute im Bett die Folge sein. Doch so groß das Problem ist, es ist lösbar. Was ist sexuelle Unlust eigentlich und warum entsteht sie? Lesen Sie eine sachliche Zusammenfassung und Lösungsvorschläge im Anschluss.
Lustlosigkeit ist ein menschliches Problem
Jahrzehnte galt das weibliche Geschlecht als das mit geringer Libido und hatte in den Köpfen der Menschen ein geringes sexuelles Verlangen. Seit einigen Jahren gibt es immer mehr Studien, die belegen, dass Männer ebenfalls an sexueller Unlust leiden. Ungefähr 15 % der Männer leiden darunter. Und dass, obwohl das männliche Geschlecht sich lieber eine organische denn eine psychische Ursache als Befund für fehlenden Sex wünscht. Aber warum ist das so?
Männer reden im Gegensatz zu Frauen einfach nicht gerne über ihre Probleme und über das sensible Thema Potenz schon gar nicht. Das Bild vom allzeit bereiten Mann ist im Geiste verankert, hat sich festgefressen, obwohl der Mann von heute viel mehr und so viel weniger ist und sein soll. Verantwortungsvoller Familienvater, Ernährer, Hausmann, Unterstützer seiner erfolgreichen Frau, einfühlsam, kulturell interessiert, gepflegt, aber er sollte eben nicht mehr Macho sein, nicht mehr Gebieter oder Familienoberhaupt. Dieser Spagat ist fast nicht zu meistern und setzt Männer stark unter Druck. Dazu gesellen sich Schwierigkeiten im finanziellen Bereich, eine hohe Workload im Job und in der Folge schlicht fehlende freie Zeit. Das dies allesamt Gründe für sexuelle Unlust sind, unterstützt eine Studie, mit dem Ergebnis, dass 16 % mehr Männer darunter leiden, als vor dreißig Jahren.
Lustlosigkeit ist also kein weibliches Thema, sondern ein menschliches. Auch die Beziehungsgefüge haben sich geändert. Wo der Mann früher von der Arbeit kam und sich seine Frau voller Begehren nahm und sie ihre Rolle genoss, warten heute Austausch auf Augenhöhe und gemeinsame Aktivitäten. Harmonie ist wunderbar, doch können mangelnde Kanten durchaus ein Lustkiller sein.
Streit und Stress gleich Unlust?
Zu viel Streit ist neben Stress ein häufiger Grund für sexuelle Unlust. Kinder sind in zweierlei Hinsicht Grund für Lustverlust. Erstens ist der menschliche Körper darauf gepolt, sich zu vermehren, ist das geschehen, sinkt der Reiz. Zweitens stellen Kinder im Schlafzimmer oder Kinder generell für 42 % der Männer einen Grund dar, keine Lust auf die Partnerin zu haben.
Was genau ist sexuelle Unlust?
Es ist nicht immer eine komplette sexuelle Unlust vorhanden. Per Definition geht es dabei um fehlende Appetenz, die situativ bedingt sein kann bis hin zur kompletten Aversion gegen das Bedürfnis nach sexueller Nähe. Bei der vielen nackten Haut, die die westliche Welt beherrscht, sind die Sinne überreizt. Wie soll ein geheimnisvolles Dekolletee noch verführen, wenn hinter der Dame im knappen Kleid ein Plakat hängt, auf dem nackte, pralle Brüste zu sehen sind? Viele Männer flüchten sich in die virtuelle Welt des Internets, um Reize zu finden, die sie noch stimulieren, haben aber im herkömmlichen Sinne kein sexuelles Verlangen.
Exkurs: Appetenz ist die erste Phase des sexuellen Erlebnisses. Durch das Empfangen des Reizes, entsteht die Lust.
Die Flucht kann auch darin begründet liegen, dass die Vorlieben nicht mit der Partnerin ausgelebt oder gar angesprochen werden können oder aus Versagensangst, die Partnerin nicht befriedigen zu können.
Sexuell aufgeklärte, fordernde Frauen schüchtern viele Männer ein und der Druck wird so hoch, dass er sich zurückzieht.
Die drei Säulen der Libido
Sexuelles Verlangen besteht aus drei Säulen, dem Trieb, der Motivation und dem Wunsch. Alle drei Säulen stehen in Interdependenz. Mit dem Trieb ist der körperliche Part der Sexualität gemeint. Hormone steuern, wie empfindlich und aufnahmebereit er für Reize ist. Hier können Probleme auftauchen, die aber sehr selten sind.
Gegen hormonelle Störungen, unter denen nur knapp 10 % der Männer unter 40 Jahren leiden, gibt es Medikamente. Andere Krankheiten, sowie Nebenwirkungen von Medikamenten, vor allem welchen, die in den Serotoninhaushalt eingreifen, können zu Erektionsstörungen führen. Aber auch zum Ejaculatio Praecox, dem frühzeitigen Samenerguss. Aus medizinischer Sicht liegt diese Diagnose nur dann vor, wenn der Mann keine Kontrolle über seinen Samenerguss hat, einem hohen Leidensdruck ausgesetzt ist und die ILET (Zeit des Penis in der Vagina) unter einer Minute liegt.
Die Motivation meint die Psyche. Die beiden Letzt genannten Probleme können auch aus psychischen Ursachen resultieren, wie gesagt, stehen die drei Säulen in Abhängigkeit voneinander. Psychologische Gründe sind individuell und sogar je nach Lebensabschnitt variabel. Häufig werden die Gründe für Lustverlust in zwei Kategorien gegliedert. Der Paardynamik und den Altersprozessen.
Bei der Paardynamik sind vor allem folgende Schwierigkeiten genannt:
- Zu hoher Druck, die Frau zerredet das Problem
- fehlende Selbstsicherheit, auch falsches Ideal durch Internet
- Frau lässt sich gehen
- Frau ist immer verfügbar, Mann darf nicht erobern
- Zu lange Pause, Intimität fühlt sich fremd an
- Ungeduld und Panik der Partnerin
- Schweigen
Die Altersprozesse sind biologisch prädestiniert. Frauen sind mit 30 auf ihrem sexuellen Höhepunkt, während Männer mit 17 am potentesten sind. Prof. Dr. Frank Sommer erklärt, dass der Testosteronwert ab 35 immer mehr abfällt, aber das der Verlauf des Abfalls sehr individuell ist. Zudem haben exogene Faktoren wie Ernährung, Sport und Stress Einfluss auf das Testosteron. Männer mit Bierbauch produzieren ein Enzym, welches das männliche Testosteron in weibliche Hormone umwandelt.
Eine Studie fand heraus, dass die Hälfte aller Männer über 75 Jahren unter geringer Libido leiden. Hier ist aber zu bedenken, dass chronische Krankheiten, vor allem die Niere und Leber betreffend sowie die damit einzunehmenden Medikamente wieder Einfluss auf die Lust haben und altersbedingt häufiger auftreten.
Die Säule „Wunsch“ meint das Umfeld, wenn der Trieb vorhanden ist, sprich die Appetenz in Ordnung ist und sogar die Psyche ja zum Sex sagt, kann das Umfeld dagegen sprechen. Umher laufende Kinder oder eine Deadline im Job sind nur Beispiele. Religiöse Vorstellungen können hier ebenfalls zum Tragen kommen. Prof. Dr. Frank Sommer erläuterte in einem Interview mit „Brigitte“ die Triebenergie anschaulich an einem Wasserglas. Morgens ist das Gefäß voll und jede Anstrengung oder Stressfaktor entspricht einem Schluck. Wenn das Glas dann leer ist, bleibt schlicht keine Energie mehr übrig für Sex. So spielt fehlende Zeit eine entscheidende Rolle bei Lustverlust. Erotik und Romantik entstehen langsam und können nicht einfach mit Kerzen oder Dessous hergestellt werden.
Rückgewinn der Lust: von Selbstbewusstsein, Gesprächen und Geduld
Sind also altersbedingte Lustlosigkeit, körperliche Probleme durch einen Besuch beim Urologen und Hormondefizite durch eine Blutuntersuchung ausgeschlossen, liegen die Ursachen fast auf der Hand. Depressionen und psychologische Erkrankungen sollten Betroffene ebenfalls vom Arzt abklären lassen.
Wenn geringe Libido und Stress zu einem Teufelskreis geworden sind und sich der typisch männliche Drang zum Schweigen dazu gesellt, ist es schwierig, den Weg zu einer erfüllten Partnerschaft zurückzugehen.
Worum geht es dabei? In erster Linie muss der Stress eliminiert werden, wenn dass im beruflichen und finanziellen Umfeld nicht zu beeinflussen ist, so sollten sich die Paare zu Hause Zeit nehmen. Zeit für das Wir und für das Ich. Der andere wird automatisch begehrenswerter, wenn er eigenständig ist. Sicherlich sollte das Thema nicht zerredet werden, denn das baut Druck auf. Doch es anzusprechen, befreit. Fordern Sie Geduld ein und sprechen Sie über Ihre Fantasien und Ängste. Orgasmuszwang sollten Sie außen vor lassen.
Es geht darum, nach einer langen Pause körperlicher Liebe, den Anfang zu finden. Lernen Sie wieder, aufeinander zuzugehen. Ein erster Schritt in die Richtung kann sein, dass Sie Dinge unternehmen, die Ihnen Selbstbewusstsein zurückgeben. Wenn Sie sich attraktiv finden, tut das Ihre Partnerin sicherlich auch. Nehmen Sie sich vor, miteinander intim zu werden, eine Woche lang, an jedem Abend, auch wenn Sie keine Lust haben. Das baut Hemmungen ab und körperliche Nähe fühlt sich nicht mehr fremd an. Außerdem kommt die Lust zurück. Es gibt mittlerweile homöopathische Mittel, die die Lust steigern können. Aphrodisierende Speisen können ebenfalls die Wiederkehr der Libido verstärken.
Im konkreten Fall, dass…
Wenn klar auf der Hand liegt, dass Kinder und Co die Gründe für die Flaute sind, dann schaufeln Sie sich ein Wochenende frei, -regelmäßig
Übrigens führt anhaltendes Schweigen zu innerlichem Groll und dieser drückt dann wieder auf die Libido. Brechen Sie das Schweigen. Auch wenn Sie gerne eine Frau im Kleid als Ihre Liebe im Jogginganzug nach der Arbeit antreffen möchten, müssen Sie das kommunizieren.
Nackte Frauen sind so erotisch wie ein Blatt Papier? Lassen Sie eine Weile die Hände von Pornos, damit Sie wieder empfänglich für andere Reize werden. Es ist nicht nur ein Sprichwort, dass man abstumpfen kann.
Beziehungsprobleme sollten behoben werden, denn in so einem Fall schafft Distanz keine Nähe.
Wenn „er“ gar nicht will, lassen Sie dies vom Arzt abklären und überlegen Sie ehrlich, ob der Grund altersbedingt sein kann. Klären Sie mit einer Blutuntersuchung, ob ein Hormonmangel ursächlich sein könnte. Nehmen Sie das Thema nicht verbissen ernst, damit die Psyche nicht auch noch gegen Spaß im Bett steht.
Unlustige Unlust
Vom medizinischen Standpunkt her, stehen bei organischer und hormoneller Ursache für geringe Libido Präparate zur Abhilfe zur Verfügung. Auch bei Arznei indizierter Unlust, können die Medikamente in den meisten Fällen ausgetauscht werden. Unlust macht unlustig, weil es ein Tabuthema ist. Versuchen Sie das unmögliche und nehmen Sie das ganze mit Humor. Bitten Sie Ihre Partnerin um Geduld und Verständnis.
Vielleicht kann eine Beziehungsberatung helfen, Beziehungsprobleme zu klären, sollten Sie zu zweit nicht weiter kommen. Vor allem aber, wünschen Sie sich keine physische Ursache, so haben Sie es in der Hand und Sie befinden sich in guter Gesellschaft, denn wo die Frauen immer offener mit ihrer Sexualität umgehen, haben immer mehr Männer mit Lustverlust zu kämpfen. Immer neue Präparate und Lifestylemedikamente reagieren lediglich auf eine vorhandene Nachfrage. Geringes sexuelles Verlangen ist immer mehr ein Phänomen der heutigen Zeit.
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